Ja ja die Nächte im Zelt neigen sich nun dem Ende zu. Wir wurden während den letzten drei Monaten von Elefanten und Hippos beim Fressen durch ihr lautes Kauen geweckt, von Hyänen und Löwen die sich danach gefühlt haben, mit lauten Rufen ihr Revier zu verteidigen, von Gelsen die direkt neben uns ein Konzert zum Besten gaben und manchmal vom Stress vor Prüfungen oder den eigenen Gedanken.
Letzte Nacht habe ich mich gefühlt als wäre ich (dieser Absatz geht an meine Physik-Liebhaber da draußen) in Heisenbergs Unschärfe-Relation gefangen. Entweder kann man den Ort bestimmen, also macht sich Gedanken über die richtige Schlafposition oder bestimmen, ob es eine Welle oder ein Teilchen ist, also wo die Träume hin wandern. Für Manuel war ich wohl eher wie Schrödingers Katze, gleichzeitig geschlafen und wach, wenn man eben nicht nachschaut. Das Gute an schlaflosen Nächten ist allerdings die Möglichkeit einen Versuch zu wagen, die Sterne der Milchstraße zu zählen oder eben diesen Blogpost zu verfassen.
Wir haben uns mittlerweile schon gewöhnt daran, dass die Sonne im Osten aufgeht, im Norden hoch hinauf steigt, im Westen wieder untergeht und im Süden nie zu sehen ist. Bald aber werden wir braun gebrannt von unseren bis zu 40°C ins kalte Österreich zurückkehren.
Vor der Rückkehr folgen wir aber noch dem Ruf der Natur und zwar in Richtung Botswana. Dafür fahren wir erst nach Rundu, einer Stadt an der Grenze zu Angola. Hier ereilt uns beide das Gefühl, jetzt im echten Afrika angekommen zu sein. Die Menschen hier leben in ihren Lehmhütten mit Strohdächern. Man sieht, wie sie neben der Straße im Gänsemarsch unterwegs sind, in eine Richtung mit vollen Plastikgefäßen mit Wasser und der Gegenverkehr mit leeren. Manche haben den Luxus eines Eselkarrens um ihnen die Arbeit zu erleichtern und neben der Straße grasen Ziegen. Die Hütten sind von selbstgebauten Holzzäunen umringt, um sie vor dem rauen Leben im Busch zu schützen. Viele der Leute an denen wir vorbei fahren deuten fragend nach Wasser und Essen. Wir halten ein paar Mal, aber bei der Menge würden wir unser Ziel nie erreichen.

Wir übernachten am Kavango dem Fluss der das Okavango Delta speist. Der Campingplatzbesitzer warnt uns davor nicht ins Wasser zu gehen, das mit Nilpferden und Krokodilen verseucht ist. Keine Angst, darauf wäre ich gar nicht gekommen. Auch wenn wir zwar keine großen Tiere vom Ufer aus sehen, können wir auf das Land Angola blicken. Da wir nicht weit vom Grenzposten übernachten, sehen wir wie morgens die Frauen aus Angola mit Holzstapeln über die Grenze wandern. Sie balancieren diese am Kopf, um hier in Namibia das Holz zu verkaufen und so zumindest ein bisschen Geld für ihre Familie zu verdienen.


Da auch unser nächster Campingplatz direkt am Wasser liegt, dürfen wir hier den Hippos beim abendlichen planschen lauschen und vernehmen auch einige entfleuchte Flatulenzen eben jener Wasserliebhaber. Am Fluss etwas die Straße entlang gibt es natürlich auch wieder einen Nationalpark, was für uns heißt: Ab ins Auto und los.
Im Park selbst sehen wir so viele Elefanten wie noch nie zuvor auf einem Fleck. Sie tollen im Wasser, ein wirklich magischer Moment. Da ich diesmal das Steuer fest im Griff habe, gilt wohl das tröten eines großen Bullen mir, als er seine Ohren weit weg streckt. Also machen wir uns lieber schnell aus dem Staub. Jetzt wo die Regenzeit langsam beginnt, kriegen viele Tiere ihren Nachwuchs und so kommen wir in den visuellen Genuss einiger Babys der Impalas und Warzenschweine.







Wir folgen dem Caprivi Streifen. Dieser ist erst seit 2002 wieder befahrbar, da er wegen des Bürgerkriegs in Angola gesperrt war. Dieses Stück Land wurde nun der Natur wieder zurück gegeben. Es gibt keine Zäune zwischen den Ländern Angola, Namibia und Botswana. Somit können die Tiere wieder, wie in der Zeit vor uns Menschen, frei auch über die Ländergrenzen hinweg ihre Routen ziehen.
Der Streifen hält auch einiges an Abenteuer für uns bereit. So begeben wir uns wieder auf die unebene und erstmals richtig sandige Straße des Mudumu Nationalparks. Es ist ein ruhiger Tag, wir sehen ein totes Hippo, das im Wasser treibt, einen neuen Vogel auf unserer Liste: den Southern Ground Hornbill und einige Antilopen und Vögel. Es sind kaum andere Autos unterwegs. Da es ein heißer Tag ist (37°C) beschließen wir noch zu einem Wasserloch zu fahren, wo sich meist mehr Tiere herumtreiben. Die Dame beim Eingang des Parks, meinte noch, dass der Weg zum Wasserloch aber nur mit Allradantrieb zu befahren sei. „Kein Problem“, denken wir …. Haben wir ja…






Und so kommt es, wie es wohl kommen muss. Auf halben Weg, bleiben wir dann im tiefsten Sand stecken und das mitten im Nationalpark. Wir versuchen natürlich uns zu befreien und machen alles falsch was man falsch machen kann: Zu viel Druck in den Reifen, wir versuchen weiter den Weg entlang vorwärts zu fahren und nicht rückwärts, und wir versuchen zu früh wieder weiter zu fahren, geben Gas und graben uns so immer tiefer in den Sand. Jedenfalls stecken wir noch tiefer in der Klemme als zuvor, sodass die ganze Unterseite des Autos am Sand aufliegt und kein Gewicht mehr auf den Reifen ist. Also was tun? Ich schaue mir gleich mal ein YouTube Video zu dem Thema an. Zum Glück haben wir ein Netz und Empfang, keine Selbstverständlichkeit in Namibia. Wir probieren beide leicht gereizt eine Lösung für unser Problem zu finden. Aber da die Autoinnentemperatur bei gefühlt 50°C liegt und draußen 37°C herrschen und wir irgendwie wieder diesen Ort verlassen wollen, graben und graben wir. Beziehungsweise gräbt einer und der andere hält Ausschau, denn wir stecken ja leider nach wie vor in der Wildnis fest. Wir rufen auch beim Campingplatz an, den wir für zwei Nächte gebucht haben. Sie schicken jemanden, aber das kann dauern.


Also graben wir weiter und aus den erwarteten 40 Minuten werden schnell mal zwei Stunden, bis jemand eintrifft. Zu dieser Zeit hatten wir das Auto zum Glück schon frei geschaufelt. Die zwei Herren sind zum Glück echte Profis und lassen erstmal fast die gesamte Luft aus dem Reifen. Zu dritt schieben wir das Auto an und schon ist es frei. Ich kann es gar nicht glauben und kann gar nicht mehr aufhören zu lachen. Freiheit!! In meinem Kopf habe ich mir schon ausgemalt wie wir dort übernachten und hoffen, dass irgendwann jemand vorbei kommt. Unsere Befreier sagen, dass wir uns glücklich schätzen können, dass uns nichts passiert ist. Vor einer Woche hat genau an dieser Stelle ein Löwenrudel eine Antilope erlegt. Na das wäre erst ein Abendteuer gewesen. Zugegeben, mir reicht dieses völlig aus.


Danach brauchen wir einen Tag Entspannung am Pool bevor wir uns, beide mit Muskelkater und Blasen an den Händen, schließlich auf den Weg nach Botswana machen, unserem Land Nummero 11.

Wir haben schon zuvor gehört, dass Botswana noch einmal ein ganz anderes Kaliber ist was Tiere betrifft. Dies bewahrheitet sich gleich über der Grenze, wo wir direkt am Straßenrand einige Elefanten beim Mittagessen beobachten können. Uns ist schnell klar, dass auf den Straßen Vorsicht geboten ist.
Unser erster Stopp ist der Ort Kasan. Man sieht gleich anhand der ganzen Lodges, dass Safaris hier die Haupteinnahmequelle sind, mit dem Chobe Nationalpark.
Unser Campingplatz ist mit einem eigenen Wasserloch ausgestattet und da es keinen Zaun gibt, ist auch hier Achtung geboten. Selbst nach einigen Monaten ist es noch ein sehr bizarres Gefühl, dass man jederzeit einem wilden Tier begegnen könnte. So sehen wir von unserem zugewiesen Platz für unser Auto, wie eine Elefanten-Familie auf das leckere Nass zusteuert. Wir folgen ihnen gleich mit genug Sicherheitsabstand (einem Baby-Elefanten eben) und können uns kaum satt sehen an ihrem Spiel am Wasser.
Ein weiteres Plus für diesen Campingplatz, es gibt einen unterirdischen Durchgang um direkt vor dem Wasserloch durch einen Spalt einen einzigartigen nahen Blick auf die Tiere zu bekommen. Aber da man Gerüche nicht verstecken kann, merken die schlauen Riesen natürlich, dass wir da sind und behalten unseren „geheimen“ Ausguck immer im Blick. Abendlich dürfen wir auch hier wieder mit den Geräuschen von lachenden Hyänen und brüllenden Löwen einschlafen.

Von hier bietet es sich auch an, eine Tagestour zu den atemberaubenden Victoriafalls zu machen. Und wie atemberaubend das war, aber aus einem ganz anderen Grund. Mehr dazu später.
107 Meter rauscht hier das Wasser in eine Schlucht. Es ist der Sambesi, der hier an der Grenze von Sambia und Simbabwe in die Tiefe stürzt, was für uns einen neuen Stempel im Reisepass bedeutet, da wir mit unseren Füßen auf Simbabwe stehen und einen Blick auf Sambia werfen. Diesem Spektakel begegnet man hier auf Augenhöhe bzw. von der anderen Seite. Dabei wird man aber klitsch nass, denn die Tropfen wirbeln hier in alle Richtungen und so kommt es einem trotz blauem Himmel bei 35C° vor, als würde es regnen.




Wir haben wirklich eine wunderschöne Zeit und machen viele Fotos. Manuel hat an diesem Tag zum ersten Mal sein Hemd an, seit wir mit unserem Zuhause auf vier Rädern die Welt erkunden. Was für mich hieß, dass wir bald mal wieder waschen müssen, weil er nichts Sauberes mehr zum Anziehen hat…. völlig unwissend von seiner eigentlichen Absicht. So schlendern wir, ich völlig unbehelligt und Manuel schon mit Herzklopfen und schwitzigen Händen, die Flusspromenade entlang. Er bittet ein Pärchen aus Südafrika, ob sie nicht ein Foto von uns machen könnten (ganz untypisch). Also werfe ich mich schon mal in Pose, doch Manuel kniet sich hin und beginnt in seinem Rucksack zu kramen und holt das Erste-Hilfe Täschchen hervor.
Ich frage wiederholt, was er denn macht, da macht doch jemand ein Foto von uns, er solle doch bitte aufstehen. Und da holt er eine klitzekleine Box hervor und darin, ihr habt es sicher schon erraten, ein Ring. Und natürlich habe ich JA!!!! auf seine Frage geantwortet. Genau in dem Moment kommt eine Reisegruppe aus Albanien vorbei und checkt, schneller als ich, was hier los ist und beginnt laut zu klatschen und sich zu freuen. Also wirklich Atem beraubend schön!!




Wir gehen dann noch mit unserem Taxifahrer und einem Deutschen in ein feines Lokal essen. Wo wir zum ersten Mal in unserem Leben Krokodil (es schmeckt wirklich nach Hühnchen) und, nachdem wir schon darauf geritten sind, auch Strauß essen. Beides überraschenderweise wirklich sehr lecker.


Da Kasane, wie bereits erwähnt, ja eine Hochburg für Safaris ist, beschließen wir nach unserem sandigen Abenteuer, einmal eine geführte Safari Tour (nicht von uns oder unseren neuen Freuden) zu buchen. Einen ganzen Tag für 2380 Pula (umgerechnet 160€). Wir erwähnen nicht, dass wir auch zertifizierte Guides sind und schauen uns die Sache sozusagen „undercover“ an.
Manuel (den ich ab nun meinen Verlobten nennen darf) und ich haben natürlich einen anderen Blick auf unsere Tour. Es fallen uns ein paar Dinge auf, die wir anders lösen würden aber wir genießen jeden Moment und alle Tier-Begegnungen in vollen Zügen.
Die Highlights sind Elefanten die im und am Wasser spielen und sogar fast untertauchen. Außerdem ein Löwen-Pärchen das gerade mit Nachwuchs-zeugen beschäftigt ist und dabei immer von den Elefanten unterbrochen bzw. verscheucht wird. Der Akt dauert bei Löwen sowieso nie lange und so paaren sie sich bis zu 40mal pro Tag. Bei unserer Mittagspause halten wir unter einem Baum, wo die Grünmeerkatzen unserem Essen verstohlene neidische Blicke zuwerfen. Unser Guide warnt uns schon vor, dass sie durchaus frech werden. Als sie einen Versuch auf unser Essen starten, verscheucht er sie gekonnt mit seinem Stock. Leider muss auch unser Guide mal aufs stille Örtchen, was unsere Beobachter natürlich sofort bemerken. Das Verrückte ist: Vor Manuel haben sie mehr Angst als vor mir. Ich fühle mich, von den kleinen Äffchen etwas diskriminiert. Ich verstecke meinen Apfel hinter meinem Rücken und behalte einen Affen immer im Auge und plötzlich schleicht sich schon ein Zweiter an und stibitzt ihn mir in Windeseile aus der Hand. Und so lässt er mich ohne Apfel aber mit einem Kratzer auf der Hand zurück. In diesem Moment bin ich sehr froh über die Tollwut Impfung. Der Tag endet mit einem wunderschönen Sonnenuntergang und einer Herde Büffel am Wasser.












Am nächsten Tag legen wir 600km zurück um nach Maun zu kommen. Es hätte eine Variante auf einer kleinen mehr abenteuerlichen Straße durch Sand gegeben. Aber nach unserem Erlebnis in Namibia, nehmen wir doch lieber die längere aber sicherere Variante mit dutzend Schlaglöchern. Während wir die Hauptstraße entlang fahren passieren wir viele Ziegen, Kühe, Esel und natürlich Elefanten. Es gibt hier die Warnschilder Achtung Elefanten, so wie bei uns für die Rehe. Und das zu Recht, denn wir fahren an einem Elefanten vorbei, der wohl mit einem LKW zusammengestoßen ist. Die Hälfte des Schädels hat von ihm gefehlt und der Lkw war auf ein Viertel seiner Länge zusammen gestaucht worden. Ein Anblick den man nicht so schnell hinter sich lassen kann wie die gefahrenen Kilometer. Danach passieren wir fürs Erste zum Glück nur noch lebende Tiere.
Maun ist der Ausgangsort für Safaris ins Okavango Delta. Wir füllen hier unsere Vorräte beim Spar auf und fahren weiter. Ohne Reservierung schauen wir bei einem Campingplatz vorbei, auf dem wir für einen lächerlich hohen Preis auf dem Parkplatz campen dürfen.
Zum Frühstück verköstigen wir uns, wie gewöhnlich, selbst. Leider haben wir den Tag davor nicht bemerkt, dass sich der Deckel unseres Kühlschrankes gelöst hat und so viele der gekauften Lebensmittel, fast gleich in den Müll wandern mussten. Bei den Eiern habe ich den Schwimmtest gemacht. Also wenn die Eier schwimmen, kann man sie weg schmeißen und wenn nicht sind sie zum Verzehr geeignet. Ich kann euch, meine lieben Leser, nun berichten, dass dieser Test nicht zu 100% funktioniert. Den Geruch eines faulen Eis, das im Wasser aufplatzt werde ich wohl nie in meinem Leben vergessen. Manuel musste sich, an diesem Morgen leider um den Abwasch kümmern, da mich durch diesen Geruch ein Würge-Reiz nach dem anderen heimsuchte. Naja danach ging es zumindest für mich ohne Frühstück ins Okavango Delta.
Wie bereits in den anderen Nationalparks begeben wir uns auf unsere eigenen Wege. Wieder mit einer Karte mit den eingezeichneten Straßen bewaffnet. Diesmal aber mit weniger Druck in den Reifen und mehr Erfahrung.
Auch hier gibt es wieder sandige Straßen, aber da haben wir ja jetzt schon ein bisschen Erfahrung. Aber nur weil man einer Gefahr ausweicht, heißt das noch lange nicht, dass hier keine großen Abenteuer auf uns warten.
Manuel beginnt diesmal hinter dem Steuer. Die ersten Kilometer sind dichter bewachsen als erwartet und so ziehe ich bei jedem quietschenden Geräusch der Äste auf unserem Auto scharf die Luft ein und versuche nicht an unsere Kaution zu denken. Ich darf uns wieder mit dem Plan durch die Straßen navigieren. Was uns zu diesem Zeitpunkt leider noch nicht auffällt, dass es kaum Schilder an den Kreuzungen gibt. So fahren wir fröhlich weiter und sehen unseren ersten Honigdachs dieser Reise. Wir sind komplett aus dem Häuschen, für euch liebe Leser vielleicht nicht ganz nachvollziehbar, aber dieses Tier erspäht man nur sehr selten.
Wir dürfen der Natur hier wieder hautnah sein und so nehmen wir auch Teil an einer traurigen Szene. Wir beobachten eine Elefantenkuh mit zwei Familienmitgliedern die gemeinsam versuchen ihrem toten Baby wieder auf die Beine zu helfen. Die Drei stellen sich schützend um das Kleine und warten geduldig, ob es nicht doch noch ein Lebenszeichen von sich gibt. Falls jemand meint, Trauer bei Tieren existiere nicht, hat noch keiner Elefantenmutter dabei zu gesehen, wie sie sich um ihr bereits totes Kind sorgt.
Bedrückt fahren wir weiter und lassen die Elefanten zurück. Durch das dichte Gestrüpp sehen wir danach kaum Tiere und so fahren wir unsere Schleifen. Nur an einer Kreuzung aus drei Wegen kommen wir zu stehen und ich merke, dass diese definitiv nicht auf der Karte eingezeichnet ist.


Oh Nein! Eine gewisse Anspannung macht sich im Auto breit. Fahren wir links, rechts, gerade oder doch umdrehen. Manuel würde noch gerne zu den auf der Karte eingezeichneten Hippo Pools, also nimmt er die Karte (und ich das Steuer) in die Hand und möchte beweisen, dass es nicht an der Karte sondern meinen Anweisungen liegt.
Nach einer halben Stunde, die wir mitten im echten Nirgendwo herum fahren, wo weit und breit kein Ansatz eines Pools zu sehen ist, beginnt auch Manuel langsam zu schwitzen. Also drehen wir um und wollen den selben Weg zurückfahren. Nur leider scheint sich eben dieser auf magische Weise verflüchtigt zu haben. Oder die wahrscheinlichere Variante: Wir haben bei dem ganzen Rechts oder Links Spiel die Orientierung verloren.
Manuel, mein hoffnungsloser Optimist, lässt sich nicht ganz so leicht verunsichern und meint wenn wir in die eine Richtung fahren werden wir schon wieder auf die „Hauptstraße“ kommen. Aha. Naja probieren geht über studieren/argumentieren und los. Nach einer gefühlten Ewigkeit, passieren wir einen umgefallenen Zementblock mit Pfeilen. Ich komme mir vor wie in einem Escape Spiel! In welche Richtung ist er wohl umgefallen und wohin zeigt dann welcher Pfeil. Wir entscheiden uns für einen Pfeil und fahren wieder. Und nach einer weiteren halben Stunde drehen wir auch hier wieder um, da wir den starken Verdacht haben, auf dem Weg zurück zum Eingang des Nationalparks zu sein. Diesmal haben wir aber unsere grauen Zellen angestrengt und haben uns den Weg zurück zu dem „Wegweiser“ gemerkt.
Kann man von „Verfahren“ sprechen, wenn die Straßen falsch auf der Karte eingezeichnet sind? Und kann man es „den falschen Weg einschlagen“ nennen, wenn dieser laut der Karte gar nicht existiert? Lasst uns jetzt nicht zu philosophisch werden, hilft ja nichts…



Mir reicht das Autofahren, denn auch hier ist wieder überall Sand und vor lauter Anspannung bekomme ich bald einen Krampf in meinen Schultern. Manuel übernimmt wieder und mit mehr Glück als Verstand kommen wir zurück auf die Straße. Laut einem neuerlichen Wegweiser ist es endlich die Richtige, die uns zu unserem Campingplatz für die nächsten drei Nächte bringen soll.
Natürlich ist auch diese Straße voller Tücken und Abzweigungen und mein Abenteurer von einem Verlobten, lässt es sich natürlich nicht nehmen, auch diese Straße einige Male zu verlassen.
Falls ihr euch fragt: „Warum habt ihr nicht Google Maps genommen?“ Erstens gibt es natürlich keinen Empfang in der Einöde Botswanas und zweitens auch keine eingezeichneten Straßen im Delta. Das Delta wird nämlich Jahr für Jahr wieder überschwemmt und damit ist auch klar, dass die Straßen ein Jahr hier und im nächsten da sind. Auf unserer Karte sind überall GPS Zahlen vermerkt, was im Nachhinein viel Sinn ergibt.
Die erste Nacht sind wir einfach nur froh angekommen zu sein und lassen uns einfach in unser Dachzelt fallen. Als Manuel einmal aufstehen wollte um sich zu erleichtern, hat sich zu seinem Leid ein Nilpferd genau unseren Platz zum abendlichen Fressen ausgesucht. Also zusammen zwicken und weiter schlafen. Ein paar Stunden später möchte auch ich das Zelt kurz verlassen, aber nun auch zu meinem Leid hat leider auch ein Elefant unsern Platz perfekt für einen Mitternachtssnack gefunden.

Am frühen Morgen, war dann endlich Ruhe eingekehrt zu unserer beider extremen Erleichterung. Wir können trotzdem unser Glück kaum fassen mit diesen Tieren tatsächlich ihren Lebensraum teilen zu dürfen. Leider löst das unser Orientierungsproblem nicht.
Wir fragen mal den Typen der für den Campingplatz verantwortlich ist, was wir uns so anschauen könnten und er erzählt uns von den Löwen, Hyänen und den toten Hippos die ganz in der Nähe sein sollen. Und da wir ja für das Abenteuer offen sind, heißt es Gurt an und los.
Aber Not macht erfinderisch oder in unserem Fall auch kreativ. Und so nutze ich meine Wander-App um unsere Route zu tracken. Mit unserer virtuellen und auch echten Karte schaffen wir es den Löwen zu finden. Leider hat er sich den Bauch bereits vollgeschlagen und so dürfen wir ihm beim schwer atmen zu sehen. Von den Hyänen fehlt jede Spur.
Es ist schon skurril, ein totes Nilpferd liegt einfach in der Wiese und eines im Wasser. Plötzlich bewegt sich das tote Flusspferd im Wasser. Das kann nicht sein, dieser Sache wollen wir natürlich auf den Grund gehen und es ist „off-roaden“ angesagt. Obwohl ich mir nicht sicher bin ob die Bezeichnung bei diesen Straßen so viel Sinn macht.
Über 20 Krokodile treiben rund um das Nilpferd im Wasser und die Bewegung des toten Tiers kommt davon, dass einige noch nicht genug haben. Es ist ein komischer Anblick, denn Krokodile können ja nicht abbeißen, sondern schnappen einmal zu und dann drehen sie sich mehrere Male mit einer echten Wucht um die eigene Achse bis das Stück sich vom restlichen Körper gelöst hat. Da die Haut dieses Tieres aber ca. 2cm dick ist, schieben sie sich unter die Haut wo sie dann das Fleisch und Knochen einfach abreißen. Diesmal ist es zum Glück so, dass wir nicht gegen den Wind sitzen. Denn wir hatten mittlerweile oft genug verwesendes Fleisch gerochen. Zusätzlich beobachten wir jede Menge Reiher und andere Vögel bei der Jagd auf Fische und Frösche.




Das Okavango Delta ist ein wirklich magischer Ort. Trotz niedrigem Wasserstand machen wir eine private Bootstour. Auch wenn es etwas teuer ist, der Blick vom Boot ist doch noch einmal ein ganz anderer. Die Tiere nehmen dich ganz anders wahr, besonders die Nilpferde. Auch wenn sie sehr gefährlich werden können, wenn man sie an Land antrifft, im Wasser fühlen sie sich sonst sicher. Aber wenn ein Boot kommt und in ihr Territorium eindringen will, heißt es dieses zu verteidigen. Ein Spektakel wie sie sich vom Boden hoch stoßen und plötzlich wieder untertauchen und man keine Ahnung hat wo sie gerade sind. Ich würde sagen, sie hätten die Melodie von John Williams, die für den Film „Der weiße Hai“ komponiert wurde, auch dafür nehmen können.
Als wir durch die Flussarme manövrieren sehen wir in der Ferne bereits riesige Gewitterwolken, was unseren Guide nicht sonderlich zu beunruhigen scheint. Mit der verstreichenden Zeit, nimmt der Wind zu und die Wolken kommen immer näher. Wir sehen schon wie die Blitze am Horizont einschlagen und die trockene Steppe zum brennen bringen. Der Rauch steigt vom Boden auf und über diesem türmen sich die Cumulunimbus Wolken um die Wette. (Die Fachbegriffe mussten wir bereits in Südafrika im Camp lernen). Auf dem Weg zurück zum Camp bricht plötzlich die Hölle über uns herein. Der Guide hat für uns Ponchos dabei aber seinen eigenen hat er leider vergessen und fährt so mit ernstem Blick aber mit der Souveränität eines Luis Hamilton durch das Delta. Überglücklich kommen wir am Ufer an und umarmen uns. Wir laufen schnell zum Auto.





Ich schmeiße schnell all unseren Sachen auf den Beifahrersitz in das Auto und schließe die Tür, damit nichts nass wird. So beginnen wir das Zelt für die regnerische Nacht aufzustellen. Wie nun schon mehrfach geübt, steige ich auf die Leiter zum Dachzelt und warte, dass Manuel mir, wie üblich die Decken und Pölster reicht. Manuel fragt mich: „Wo ist denn der Schlüssel?“, ich antworte: „Im Auto in der Tasche.“ und als ich diese Worte sprach, wie ein Zauberspruch hören wir das klacken der automatischen Verriegelung. Beide reißen wir unseren Kopf Richtung Fahrertür und Manuel versucht mit aller Kraft die Tür vergebens zu öffnen.
Ja.
Wir haben uns wirklich inmitten des 20.000 Quadratkilometer großen Feuchtgebiets Afrikas, umringt von der Wildnis aus dem Auto ausgeschlossen. Von Schuldzuweisung bitte ich in diesem Moment Abstand zu nehmen. Was ich gelernt habe ist, dass die Fahrertür geöffnet werden muss um die Zentralverriegelung zu verhindern.
Nachdem wir viel geflucht haben, beschließt Manuel, einen Angestellten vom Campingplatz zu suchen. In meiner Panik gehe ich die möglichen Szenarien durch und komme zum Entschluss, dass wir wahrscheinlich die Scheibe einschlagen müssen. Mit einem großen Stein bewaffnet warte ich auf Manuels Rückkehr. Dieser ist sichtlich überrascht….was ich jetzt mit dem Stein vorhabe und lacht mich aus.
Zu meinem Erstaunen, ist unser Helfer, sehr optimistisch und versichert uns, dass dies nicht das erste Auto ist, das er knackt. So werden wir in die Kunst des Autoeinbrechens eingeschult, eine neue Fähigkeit, bei der ich mir nicht sicher bin, ob die wirklich noch mal von Gebrauch sein kann… aber man weiß ja nie.
Zum Glück geht diese Geschichte mit Happy End aus, denn nach 30 Minuten, sind wir wieder mit unserem Hab und Gut vereint. Ich umarme unseren Retter und kann unser Glück kaum fassen!
Und auch Manuel und ich fallen uns in die Arme!
Jetzt heißt es nur noch fertig aufbauen, einen Happen essen und raus aus den nassen Klamotten, da es während unseres gesamten Abenteuers ja geregnet hat. Auch die Nacht über lässt der Regen nicht locker. Und wie es so sein muss ruft leider auch in so einer Nacht die Natur…
Also wage ich mich zu den Toilettenhäuschen mit einer Taschenlampe in der zitternden Hand. Ich habe mich noch immer nicht ganz daran gewöhnt nachts alleine die 300 Meter zu gehen. Es ist wirklich ein unbehagliches Gefühl alleine der Finsternis des Deltas zu begegnen.
Auf halben Weg entdecke ich Spuren.
Der Ausbildung sei „Dank“, erkenne ich das es sich um eine große Katze handeln muss, mein Tipp Leopard. Da es regnet und die Konturen klar erkennbar sind, schließe ich daraus, dass sie sehr frisch sein müssen. Mit tiefen Atemzügen versuche ich mich selbst zu beruhigen und scanne mit der Taschenlampe jeden Strauch, Ast und Stein. Ich bewege mich so ruhig wie möglich zum Häuschen und sperre mich ein. Mit rasendem Herzschlag denke ich, ab wann mich Manuel suchen kommen würde.
Aber ich wäre ja kein echter Safariguide, wenn ich nach einer gefühlten Ewigkeit nicht wieder Auge in Auge mit dem Nervenkitzel treten würde. Auf dem Rückweg sind die Spuren schon verschwommen und weit und breit keine Neuen. Puuuh!
Natürlich wecke ich Manuel sofort auf und erzähl ihm alles.
Am nächsten Morgen scheint wieder die Sonne, aber der Boden ist noch feucht. Ich begebe mich nach dem Frühstück wieder zum Häuschen. Im Licht des Tages macht sich keine Angst sondern Neugierde in mir breit.
Manuel und ich haben zu unserem Bedauern erst einmal eine einzige Hyäne gesehen und plötzlich entdecke ich vor mir frische Hyänen Spuren. Aufgeregt laufe ich zu Manuel.
Wir packen schnell unsere Sachen, verabschieden uns von unserem Retter von gestern noch mit einem großzügigen Trinkgeld und verfolgen die Spuren.
Manuel sitzt hinter dem Steuer während ich meinen Kopf die ganze Zeit aus dem Fenster halte und dabei Richtungsanweisungen gebe. Zu einem Zeitpunkt verschwinden die Spuren im Gebüsch. Mit großer Hoffnung fahren wir weiter durch den nassen Sand über einen Hügel und da liegen sie!
Eine große Hyänen Mutter mit ihren zwei Jungen.
Wir können es gar nicht fassen! Endlich hat sich die Safari Ausbildung richtig gelohnt! Wir sagen gar nichts um den Moment richtig in uns aufnehmen zu können.
Es vergeht über eine Stunde, die Tiere schlafen, stehen kurz auf, trinken aus einer Pfütze und die neugierigen Jungtiere kommen ganz nah zum Auto und checken aus was wir sind. Unglaublich! Wir begleiten die Tiere so lange, bis sie im Dickicht des Deltas wieder verschwinden.







Mit diesen Erlebnissen fühlen wir uns bereit, das Okavango Delta zu verlassen und es der Regenzeit zu überlassen. Auf dem Rückweg sehen wir noch einige Antilopen, Vögel, Giraffen die kämpfen und Elefanten. Ein weiteres Mal verfolgen wir Spuren, diesmal eines Gepards, aber ohne Erfolg. Egal, wir besuchen auch nochmal den Ort des verendeten Babyelefanten. Das Einzige was noch auf den traurigen Moment schließen lässt, ist der kaum mehr erkennbare Kadaver.
So einfach wie wir dachten, macht uns das Delta den Abschied aber leider nicht. Denn auch wenn wir die sandigen, ins unendliche führenden Straßen gemeistert haben, kommen uns diesmal einige meterbreite Pfützen in die Quere. Der ganze Regen hat eben auch seine Spuren hinterlassen.
Es ist wirklich nicht abzuschätzen, welche Tiefe sich unter der Oberfläche verbirgt. Vor jeder Pfütze bleiben wir stehen und evaluieren welcher Weg wohl der Sinnvollste wäre. Wir versuchen sie größtmöglich zu umfahren, aber bei einigen gilt einfach: Augen zu und DURCH! Und das mit Anlauf und Vollgas. Der Schlamm spritzt bis über das Auto. Auf Stecken bleiben haben wir wirklich gar keine Lust, besonders ohne Handynetz.
Aber es kommt, wie ihr es wahrscheinlich schon vermutet. Eine Pfütze überwältigt uns trotz viel Schwung und Vollgas. Und so stecken wir jetzt wirklich auch noch im Schlamm fest. Mir reicht es! Ich mache einen Scan des Areals und stürze mich ins knietiefe Wasser und hoffe uns durch schiere Muskelkraft aus der Pfütze zu ziehen. Leider habe ich aber in den letzten Monaten anscheinend zu viel Zeit mit dem Lernen über die Tiere verbracht, anstatt meinen Körper zu trainieren und das Auto bewegt sich keinen Millimeter, während meine Schuhe im Schlamm stecken bleiben.
Aber zum Glück habe ich einen klugen Reisebegleiter, der sein Wissen von unserem sandigen Horrorerlebnis nun anwenden kann. Damals haben sie uns gesagt, dass es helfen kann, das Auto zum pendeln zu bringen. Vor und Zurück, immer wieder. So wird der Sand (in unserem Fall: Schlamm) verfestigt und so kommt man raus. Und ich traue meinen Augen nicht, aber es klappt tatsächlich!


Schweißgebadet kommen wir wieder zu der Ausfahrt und mit vielen neuen Erfahrungen und abenteuerlichen Geschichten verabschieden wir uns vom Okavango Delta.
Ich bedanke mich fürs Lesen und dafür, dass ihr uns auf dieser Reise begleitet habt. Zum Abschluss lasse ich euch mit mir noch ein bisschen vom Okavango Delta träumen…





